Feiern – danken – beten – wir sind ein Volk
Am 3. Oktober begehen wir unseren Nationalfeiertag. 30 Jahre deutsche Einheit sind ein Grund zum Feiern – seht ihr das alle so?
Wie war das vor 30 Jahren? Wir ostdeutschen Bürger waren euphorisch, zumindest die allermeisten. Die „Diktatur des Proletariats“ war vorbei. Wir wollten reisen, die Welt sehen, unsere Verwandten im „Westen“ besuchen, westdeutsche Produkte kaufen, tolle Autos fahren. Wir wollten unsere Meinung frei sagen können und hofften, dass in der Schule keine Phrasendreschmaschinerie mehr nötig war, um seine politische Ausrichtung zu dokumentieren. Der Zwang, Pionier oder FDJler zu sein, sollte genauso aufhören, wie Jugendweihe haben zu müssen, damit man vielleicht doch Abitur machen und studieren kann. Wir träumten von den versprochenen Wohltaten des Westens und sehnten uns nach den blühenden Landschaften. Eine Zeitlang konnte man in dem Gefühl leben, ich selbst kann mitbestimmen, was sich jetzt hier tut. Die raue Wirklichkeit holte uns schnell ein. Viele wurden arbeitslos, weil die Produkte, die sie herstellten, nicht mehr benötigt wurden. In der Wirtschaft und der Politik wurde auf andere Weise bestimmt, was für uns gut und richtig ist. Nicht alles, was damals gelaufen ist, war gut gelöst. Und dennoch…
Wir blicken auf diese 30 Jahre zurück. 30 Jahre, in denen sich einiges getan hat. Viele Städte sind echte Schmuckstücke, die Dresdner Frauenkirche ist für mich Symbol dafür, dass aus einem Haufen Trümmer Glanzvolles entstehen kann. Wir haben Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Reisefreiheit. Den meisten geht es gut. Leider gibt es auch Verlierer, das kann und will ich nicht verschweigen. Menschen, die nach der Wende nicht mehr auf die Füße gekommen sind, die heute so gut wie keine Rente haben, weil ihre Leistung nicht anerkannt wurde. Trotzdem. Wir leben in einem Land, in dem Frieden herrscht. Wir leben in einem Land mit einem funktionierendem Sozialversicherungssystem Wir werden medizinisch versorgt, auch in Coronazeiten.
Noch immer gibt es Unterschiede. Ungleiche Bezahlung für die gleiche Arbeit, aber auch häufig geringere Kosten für Dienstleistungen im Osten, was halt mit den Löhnen zu verbinden ist. Zusammenwachsen, was zusammengehört. Die Mauer in den Köpfen ist nicht immer niedergerissen. Oft gibt es Diskrepanzen zwischen Ost und West. Das Verständnis füreinander kann nur in der persönlichen Begegnung wachsen. Es wird wohl noch eine Weile brauchen, bis wir wirklich eins sind.
30 Jahre deutsche Einheit – für mich ein Grund zum Danke. In Psalm 103 heißt es: Und vergiss nicht, was ER dir Gutes getan hat“. Das will ich tun, ich danke für das Gute. Für meinen Mann aus NRW, für meine Glaubensgeschwister aus Deutschland, Niederlande, der Schweiz, in Frankreich. Ich danke, dass es mir so gut geht. Ich habe eine gesunde Familie, ein Haus, ein Auto. Meine Kinder dürfen und können studieren. Unsere Flüsse sind nicht mehr grün oder rot oder blau, weil die Färberei auch das Wasser klären muss. Wir dürfen arbeiten. Wir dürfen öffentlich Gottesdienst feiern und unseren Gott bitten, dass er unsere Wege weiterhin segnet. Bestimmt gibt es noch viel mehr, wofür man diesbezüglich danken kann. Vielleicht denkt ihr mal drüber nach.
30 Jahre Deutsche Einheit – feiern.danken.loben. Unter diesem Motto feiern viele Christen in ganz Deutschland am 3.Oktober gemeinsam Gottesdienst. Deutschland singt – auch dieses Motto wird aufgegriffen, um 19 Uhr singen wir an vielen Orten Lieder wie, „Die Gedanken sind frei“, Wind of Change oder „Über sieben Brücken musst du gehen. Der zusätzliche Livestream, der die lokalen Veranstaltungen für die Bürger ergänzt, die auf ihren Balkonen und nicht auf den Marktplätzen mitsingen können, wird von dem ZDF-Moderator Tim Niedernolte ab 18:45 Uhr von der Nikolaikirche in Leipzig moderiert und via Livestream in das ganze Land übertragen. Mit dabei sind die Dresdner Sängerin Linda Feller und der Pastor der Nikolaikirche Pfarrer Stief sowie Zeitzeugen der Leipziger Montagsgebete und -demonstrationen.
In Greiz werden wir einen kleinen Demonstrationszug vom Markt zum Kirchplatz veranstalten, wir entzünden unsere Kerzen und singen in einem ökumenischen Gottesdienst die Lieder, die von der Initiative „Deutschland singt“ vorgeschlagen sind. Herzliche Einladung und vergesst euren Mund-Nasen-Schutz nicht, wenn es vielleicht zu eng wird.
Elke Heckmann