In der letzten Woche war der „Weltjogginghosentag“. Obwohl es viele kuriose Gedenktage gibt und fast jeder Tag im Jahr damit belegt ist, hat es mich näher interessiert, warum gerade die Jogginghose am 21. Januar „geehrt“ werden soll. Vier Schüler aus Österreich riefen erstmalig 2009 ihre Mitschüler dazu auf, an diesem Tag in Jogginghosen zur Schule zu kommen. Diese Aktion wurde bekannt und im Jahr 2011 waren es bereits 600.000 Teilnehmer aus über 50 Nationen, die den Initiatoren folgten. Der Tag hat inzwischen auch ein Motto: „Mut zur Peinlichkeit“. Den Mut zur Peinlichkeit als Motivator für die Gestaltung eines Tages zu machen finde ich ebenso fragwürdig, wie die pauschalisierte Aussage des Modemachers Karl Lagerfelds: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“
Die Begriffe Mut, Peinlichkeit und Kontrollverlust stoßen Gedanken und Fragen bei mir an. Was ist für mich so wichtig, ist mir so viel wert, dass ich den Mut aufbringe, es öffentlich zu bezeugen? Was ist mir peinlich, so dass ich es am liebsten vor allen verstecken möchte? Und die vielleicht schwierigste Frage, wenn ich sie ehrlich beantworten will: Wer oder was hat die Kontrolle über mein Leben? Wie oft meine ich, dass ich die Zügel fest in der Hand halte, nehme allen Mut zusammen, überwinde meine Angst vor Peinlichkeiten und merke erst viel zu spät, dass ich von Anderen „vor den Karren gespannt“ werde? Wie oft habe ich mich schon verrannt oder bin in einer Sackgasse gelandet?
Jogginghosen werden schon lange nicht mehr vorrangig zu dem eingesetzt, was ihnen einst ihren Namen gegeben hat. Dafür gibt es inzwischen Laufhosen und Funktionskleidung. Jogginghosen stehen vielmehr, ganz allgemein, für Freizeit, Auszeit, Abstand vom Stress des Alltags. Ich werde an den Sabbat erinnert, den Tag, den Gott gesetzt hat, damit wir zur Ruhe kommen, uns besinnen und daran denken, wie gut und vollkommen seine Schöpfung geschaffen ist – also irgendwie auch ein Gedenktag. Ich frage mich, wann ich das letzte Mal diesen Sabbat in meinem Leben zugelassen habe. Wann ich sozusagen meine „geistliche Jogginghose“ angezogen und mich ganz in die Leichtigkeit, ein Kind Gottes, ein Teil dieser vollkommenen Schöpfung sein zu dürfen, fallen gelassen habe. Fallenlassen in Gottes Arme, ein Kontrollverlust, der befreit, der hilft und aufrichtet. Jeden Abend lassen wir uns in den Schlaf, den „kleinen Tod“, fallen. Nur so können wir Kraft und Energie für den nächsten Tag finden. Mir wird bewusst, ohne Sabbat, ohne Fallenlassen in die Hand Gottes, wird meine Kraft und meine Energie nicht erneuert, werde ich ausgelaugt, auch in meinem geistlichen Leben. An Gott gebe ich gerne die Kontrolle über mein Leben ab, da bin ich sicher, sicher vor Peinlichkeiten und Mut schenkt er mir noch dazu.
Ich wünsche mir und allen, die danach suchen, immer wieder neu und nicht nur einmal im Jahr, diese heilsamen Erfahrungen des Sabbats. Ach ja, am gleichen Datum, dem 21. Januar, ist auch der „Weltknuddeltag“ – passt irgendwie dazu, aber das ist ein anderes Thema.
Mit den besten Wünschen für viele erbauliche „geistliche Jogginghosentage“
und fühlen Sie sich von Gott „geknuddelt“
Ulrich Hykes