Schöpfung statt Erschöpfung

Seit 2010 feiert die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) jedes Jahr am ersten Sonntag im September den Ökumenischen Tag der Schöpfung. In diesem Jahr ist das Motto dieses Tages, der zwischen dem 1. September und dem 4.Oktober in den örtlichen Gemeinden gefeiert werden kann: „Die Liebe Gottes versöhnt und eint die leidende Schöpfung“. Eine bundesweite zentrale Feier fand am 1. September in Karlsruhe, im Rahmen der dortigen Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) statt.

Christen glauben an Gott, den Schöpfer von Himmel und Erde. Sie erkennen ihre Verantwortung dem Schöpfer und der Schöpfung gegenüber. Sie haben Sorge, wenn sie den Raubbau an der Natur sehen und wahrnehmen, wie die Schöpfung darunter leidet. Um darauf aufmerksam zu machen, wird am Tag der Schöpfung insbesondere auf die stetig voranschreitende Erschöpfung dieser leidenden Schöpfung hingewiesen.

Sicher stellen sich hierzu auch Fragen: Was bringt das? Kann eine weitere Veranstaltung mehr zu diesem Thema überhaupt etwas ändern? Warum sollte ich dort teilnehmen?

Zu allererst finden sich Christen zusammen, die, trotz aller konfessionellen Unterschiede, ein gemeinsames Ziel haben. Wo Menschen sich aufmachen, gemeinsam für dieses Ziel einzutreten, unterwegs zu sein, wird erfahrbar, dass die Begegnungen verbinden und im Kleinen etwas entsteht, dass immer größer wird. Das macht Mut, gibt Hoffnung und stärkt die Entscheidung, mit den begrenzten eigenen Möglichkeiten zum Erhalt der Schöpfung beizutragen. Selbst wenn wir nicht dabei sind, bekommen wir eine Ahnung davon, wie Ökumene Grenzen überwindet und weltweit, aber auch in unserer unmittelbaren Umgebung gelebt werden kann. 

Wir dürfen Gottes Schöpfung mit allen Sinnen genießen. Wir sind seine Geschöpfe. Wir gehören genauso dazu wie alle Pflanzen, Gesteine und Tiere. Wenn Gottes Schöpfung leidet, werden wir als Teil dieser Schöpfung früher oder später auch leiden. So wie der Raubbau an den Rohstoffen dieser Erde die Natur in die Knie zwingt, so werden wir Menschen auch erschöpfen, wenn wir nicht nachhaltig mit unserer Energie und Leistungsfähigkeit umgehen. Die Natur braucht Zeit, sich zu erholen und wir brauchen Erholung, um neue Kraft zu tanken. Unser heutiges, aber vor allem unser zukünftiges, Wohlbefinden ist untrennbar mit dem Zustand der Schöpfung, in der wir leben, verbunden. Wo wir verantwortungsvoll mit unserem eigenen Leben umgehen, werden wir auch der Schöpfung die Möglichkeit geben sich zu erholen.

Jeder kann mit seinen täglichen Entscheidungen im Kleinen beginnen und gemeinsam mit anderen Großes bewirken. Wo kaufen wir ein? Wie sind die Waren in unserem Einkaufskorb produziert? Reduzieren wir unseren Konsum zugunsten von nachhaltigen Produkten? Welche Verkehrsmittel wählen wir? Diesen und ähnlichen Fragen können wir uns stellen. Wie auch immer unsere Antwort ausfallen wird, es lohnt sich, diesen Gedanken nachzugehen, denn hieraus kann sich etwas für unser Leben und unsere Schöpfung ändern.  

Gott liebt seine Schöpfung und Gott liebt uns, seine Geschöpfe. Liebe versöhnt und eint. Liebe hat die Kraft die Welt zu verändern - warum nicht auch die leidende Schöpfung? 

Vorabveröffentlichung, dieser Artikel erscheint am 9. September 2022 in der Rheinischen Post unter der Rubrik „Auf ein Wort“)

Volker Wissen