„Ist unser Glaube Privatsache?“
Über diese Frage ist schon oft und kontrovers diskutiert worden. Wie dabei meine Antwort ausfällt, kommt auch auf meinen Ausgangspunkt an, von dem aus ich die Frage betrachte. Wenn ich auf dem Missionsauftrag Jesu aufsetze, „Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.“ (Mat 28,19), dann kann mein Glaube keine Privatsache sein, dann hat er eine vorgegebene, gewollte Wirkung in die Gesellschaft hinein. Wenn ich bei den Ausführungen Jesu beginne, die die Liebe zu Gott und das „Eins werden“ mit Christus im Zentrum haben „An jenem Tage werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch.“ (Joh 14,20), dann ist Glaube wiederum zu allererst eine ganz persönliche, also eine private Sache. Dazwischen ist dann noch der Bereich, der das Leben in der Gemeinschaft der Gläubigen betrifft. Das vergleicht Jesus z.B. mit einem Weinstock, an dem nun einmal viele Reben hängen „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Joh 15,5). Hier finde ich nun beides, meine private und meine öffentliche Ausrichtung des Glaubens.
Wie es auch sei, wo ich auch stehe, was ich mit meinem Glauben auch öffentlich zeigen und bewirken will, ich muss in jedem Fall erkennen, dass ich nicht andere für mich glauben lassen kann; z.B. indem ich mich ihnen anschließe, das gleiche mache, singe, bete wie sie. Glaube beginnt allein bei mir und die Bilanz meines Glaubens kann kein anderer für mich aufstellen. Nur ich kann meinen Glauben, mein Verhältnis zu Gott und Jesus Christus ergründen.
Morgen werden sich die Regierungschefs der Länder mit der Bundeskanzlerin zu möglichen Lockerungen der Corona-Beschränkungen treffen und es wird auch darum gehen, wann und wie Gottesdienste wieder möglich sein sollen. Es wird erwartet, dass die Entscheidung noch einmal verschoben wird, auch wenn einzelne Bundesländer bereits Freigaben für Gottesdienste, unter strengen Auflagen, beschlossen haben. Wie auch immer die Ergebnisse der Beratungen sein werden, die Teilnahme an öffentlichen Gottesdiensten bleibt eine schwerwiegende persönliche Entscheidung. Die einzelnen apostolischen Gemeinden, in denen vermutlich ab dem 10. Mai wieder Gottesdienste stattfinden, werden alle notwendigen Vorgaben erfüllen, um einen bestmöglichen Schutz vor Infektionen zu gewährleisten. Trotzdem müssen wir erkennen, dass es einen 100% Schutz vor Ansteckungen nicht geben kann. Insbesondere Menschen die zu den sogenannten „Risikogruppen“ gehören, müssen hier eine bedeutende Entscheidung treffen, aber auch jeder andere wird abzuwägen haben, in wie weit und wo er seinen Beitrag sieht Infektionsketten, die nicht nur das eigene, sondern auch das Leben anderer gefährden, zu verhindern. Für diese Entscheidungen gibt es kein allgemeingültiges „Kochrezept“ und sie werden, ja nach persönlicher, aber auch örtlicher Situation, sicherlich unterschiedlich ausfallen.
Meine Teilnehme an Gottesdiensten fördert und belebt meinen Glauben, sie stärkt mich, sodass ich meinen Glauben fröhlich leben und erleben kann – aber sie ist kein Zeichen, kein Indikator für die Qualität meines Glaubens. Wenn ich mich derzeit in meinem Glauben schwach fühle, mir die Stärkung in der Gemeinschaft in der Gemeinde fehlt, wenn ich aus den Gottesdiensten im Fernsehen, dem Internetstream oder der geschriebenen Predigt nicht die gleiche Kraft zeihen kann, wie im gemeinsamen Erleben in meiner Ortsgemeinde, dann kann ich mich aber immer noch, auch wenn der Weg in die Gemeinde auch weiterhin für mich nicht möglich sein wird, auf den Herrn meines Lebens, Jesus Christus, verlassen. Vielleicht bekommt die „Jahreslosung 2020“ (Mk 9,24) eine ganz neue Bedeutung für mein Leben. Vielleicht ist sie auch nicht zufällig gerade für dieses Jahr ausgelost worden. Wie auch immer, es steht fest, dass ich Jesus in jeder Situation und zu aller Zeit bitten darf: „Herr hilf meinem Glauben! – Und lass mich staunen, was dann geschieht.“
Ich wünsche Euch allen Gottes Schutz und Segen
sowie Kraft und Weisheit in Eurem Glauben
Ulrich Hykes