Geschichte

„Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“ (Thomas Morus, 1478-1535). In diesem Sinn wollen wir nicht zurück, sondern nach vorne blicken. Trotzdem hilft die Kenntnis der Geschichte, die Gegenwart besser zu verstehen. Hier findest du einige Meilensteine unserer Geschichte, die bis auf die Erweckungsbewegungen im 19. Jahrhundert zurückgehen.

Wir sind auf der Reise

Die Bibel weist an vielen Stellen darauf hin, dass wir den richtigen Weg zu unserem Glaubens- und Lebensziel wählen sollen, z.B. Hebräerbrief 2,1: Darum sollen wir desto mehr achten auf das Wort, das wir hören, damit wir nicht am Ziel vorbeitreiben.“ Nur wer das Ziel seines Glaubens kennt, wird in der Lage sein die Aktivitäten seines Lebens daran auszurichten.

Der Anfang: Die Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts

Die Kirchen der Erweckungsbewegungen sind eine Gruppe von christlichen Gemeinschaften, die im 18. und 19. Jahrhundert entstanden sind und sich durch eine Betonung der persönlichen Bekehrung, der Heiligung und der evangelistischen Mission auszeichnen. Vielen Kirchen und Gemeinschaften dieser Bewegung haben die Gemeinsamkeit, dass sie aus einer intensiven Zeit des Gebets, der Buße und Einkehr und dem Verlangen nach Führung aus Gottes Geist hervorgegangen sind.

Auslöser der Erweckungsbewegungen war sicherlich die im 19. Jahrhundert vorherrschende Situation in den traditionellen Kirchen des sogenannten christlichen Abendlandes, die heute von vielen Historikern als desolat beschrieben wird. Die Sehnsucht nach einer vollkommenen, geistvollen und lebendigen Kirche wuchs mehr und mehr und so gab es an vielen Orten Kreise, in denen Menschen durch Gebet und Bibelstudium um lebendige Gemeinden und Erweckung kämpften.

1826

Einer dieser Kreise war der um den Londoner Bankier und Parlamentsabgeordneten Henry Drummond. 1826 lud er etwa 30 Geistliche und namhafte Laien zu sich nach Albury zu einer Konferenz ein, um unter Gebet und Bibelstudium die unterschiedlichen Deutungen prophetischer Verheißungen und die daraus resultierenden Endzeiterwartungen zu klären. Dabei entstanden auch Kontakte zu gläubigen Christen in Schottland, bei dem bereits Zungenreden, Weissagungen und Heilungen auftraten. Im Mittelpunkt prophetischer Offenbarungen stand zu diesem Zeitpunkt die Botschaft von der baldigen Wiederkunft Christi.

Als Teilnehmer dieser, inzwischen als „Albury-Kreis“ bekannten, Gruppe zunehmend aus ihren Kirchen ausgeschlossen wurden, versammelten sie sich in neuen Gemeinden, die sich später „Katholisch-apostolisch“ nannten. Neben dem enthusiastischen Element des Wirken Heiligen Geistes, war in dieser Bewegung auch ein Bemühen um eine kirchliche Ordnung vorhanden.

Durch Weissagung und Prophetie wurden Apostel in ihr Amt gerufen und in der Folge weitere Ämter zur Versorgung der wachsenden Gemeinden eingesetzt. Zwischen 1832 und 1835 hatten Propheten 12 Apostel berufen.

1837/1838

Die 12 Apostel bereisten in den Jahren 1837 und 1838 die „Länder der Christenheit“ und versuchten als Beobachtende und Lernende den Zustand der Kirche kennenzulernen. Im Anschluss daran erstellten sie für ihre Gemeinden eine Liturgie und Gottesdienstordnung. Auch noch zu diesem Zeitpunkt war das vorrangige Ziel nicht die Gründung eigenständiger Gemeinden, sondern für die Einheit der Kirche einzutreten. Durch die fortgesetzten Kirchenausschlüsse bedingt, kam es dann aber doch in vielen Ländern zur Bildung eigener Gemeinden. Seit dieser Zeit findet sich auch der Name „Katholisch-apostolisch“ als Bezeichnung dieser Gemeiden. Im Jahre 1836 wandten sich die 12 Apostel mit einer Denkschrift, Testimonium genannt, an die geistlichen und weltlichen Führer der Christenheit und versuchten erneut die Einheit der Kirche Christi herzustellen.

1855

Als 1855 die ersten Apostel starben, kam es zu der Entscheidung, dass keine weiteren Apostel mehr gerufen werden sollten. Damit setzten vor allem in Deutschland und Holland komplizierte Entwicklungen zur Fortführung der „Katholisch-apostolischen“ Bewegung ein.

1863

Die Entscheidung der englischen Apostel war nicht unumstritten und es kam zu neuen Apostelrufungen, die von der Leitung der „Katholisch-apostolischen“ Gemeinden in England nicht anerkannt wurden.

In Hamburg wurde daraufhin durch den Propheten Heinrich Geyer die „Allgemeine christliche apostolische Mission“ ins Leben gerufen. Von Hamburg aus wurden weitere Gemeinden gegründet und es kam zu neuen Apostelrufungen.

1878

Im Jahre 1878 entwickelten sich aus der „Allgemeinen christlichen apostolischen Mission“ im wesentlichen zwei Gemeinschaften: In Deutschland die „Neuapostolische Gemeinde“ (heute „Neuapostolische Kirche“, die inzwischen eine weltweite Verbreitung gefunden hat), in Holland die „Hersteld Apostolische Zendigkerk“ (die sich allerdings bis heute in mehrere Gruppen aufgeteilt hat).

Parallel zum Wachstum der neuapostolischen Gemeinden gab es immer wieder weltweit Spaltungen. Die konkreten Gründe waren unterschiedlich, doch im Wesentlichen ging es immer wieder um den Machtanspruch und Führungsstil des inzwischen eingesetzten Stammapostelamtes. Das Amt eines Stammapostels ist biblisch nicht begründet, lediglich der Verweis auf Petrus diente zur Rechtfertigung der Amtsvollmacht des Stammapostels, was aber die Konflikte nicht entschärfen konnte.

1921/1924

Der neuapostolische Stammapostel Hermann Niehaus ließ sich nach 1914 in seiner Amtsführung zunehmend von Stimmungen, Träumen und Visionen leiten. Der sächsische Apostel Carl August Brückner wurde zum  Anwalt derer, die den spirituellen Ansichten des Stammapostels und seinem aufkommenden Personenkult kritisch gegenüberstanden. Die unterschiedlichen Auffassungen führten 1921 zum Ausschluss der Apostel Carl August Brückner und Max Ecke, denen einige tausend Gläubige folgten. Die Ausgeschlossenen gründeten daraufhin 1924 den „Reformiert-Apostolischen Gemeindebund“.

1954/1955

Es war wieder die zum Dogma erhobene Lehre eines Stammapostels, die zu einer weiteren größeren Spaltung führte. Der damals amtierende Stammapostel Johann Gottfried Bischoff erhob Ende 1951 seine Ansicht, dass er nicht sterben werde, bevor Jesus komme und die Auserwählten zu sich nähme (Erste Auferstehung), zum Dogma und verlangte, dass diese Lehre in allen apostolischen Gemeinden verkündet werden sollte. Diese Lehre ist unter dem Begriff „Botschaft“ bekannt. Amtsträger, vor allem Apostel, die diese Botschaft nicht verkündeten, wurden ihres Amtes enthoben und aus der Neuapostolischen Kirche ausgeschlossen.

In den Jahren 1954 (Schweiz und Frankreich) und dann 1955 (Westdeutschland) erfolgte der  Ausschluss der Apostel Otto Güttinger (Schweiz) und im Rheinland der Apostel Peter Kuhlen, Siegfried Dehmel und Ernst Dunkmann.

So entstanden in der Schweiz und damit verbunden auch in Frankreich 1954 die „Vereinigung Apostolischer Christen“ und in Deutschland dieApostolische Gemeinschaft“.

1994 – heute

Bereits unmittelbar nach dem Ausschluss aus der „Neuapostolischen Kirche“ und der Gründung der Apostolischen Gemeinschaften in der Schweiz und in Deutschland, schlossen sich die beiden Gemeinschaften auf der Ebene ihrer Kirchenleitungen mit der heutigen „Gemeente van Apostolische Christenen“ in den Niederlanden und dem „Reformiert-Apostolischen Gemeindebund“ der damaligen DDR zusammen. Dieser Zusammenschluss beteht bis heute und trägt inzwischen den Namen: „Konferenz der Apostel und Bischöfe der Apostolischen Gemeinschaften in Europa“.

Nach der deutschen Wiedervereinigung gründete sich die „Apostolische Gemeinschaft“ in ihrer heutigen Form durch den Zusammenschluss des „Reformiert-Apostolischen Gemeindebunds“ und der „Apostolischen Gemeinschaft“.

Die Gründer der Apostolischen Gemeinschaft 1955

v.l. vorne: Heitkamp, Schmohl, Dunkmann, Kuhlen, Dehmel, Behrendt, Fürstenau
v.i. hinten: Petzold, Schrimper, Kloß, Mehler, Schombert, Kraemer, Geuer, Blume

Jeder Rückblick in die Geschichte fordert uns zur Besinnung heraus. Wir finden uns heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, in einem Prozess wieder, der uns nachdenklich macht. Weltweit wächst die Zahl der Christinnen und Christen – zum Teil in einem Maß, wie es bisher noch nie zu beobachten war – nur nicht bei uns, in Westeuropa und im Besonderen nicht in Deutschland – ganz im Gegenteil.

Wir sind dem jedoch nicht einfach ausgeliefert. Wir haben Buße zu tun und um Führung zu bitten. Wir dürfen uns besinnen und uns daran orientieren und erinnern, wie vor 150 Jahren Christinnen und Christen um Erweckung gebetet und gerungen haben, zu einer Zeit als die Kirchen in Europa ebenfalls in einer tiefen Krise steckten. Es geht heute nicht darum, die Geschichte zu wiederholen, aber wir dürfen aus ihr lernen. In diesem Sinn wollen wir wieder um geistliche Erweckung und Führung aus dem Heiligen Geist bitten.

Wenn du mehr über unsere Geschichte wissen möchtest, findest du hier Texte aus unseren Zeitschriften „Der Herold“ und „Blickpunkt“, die in einer losen Folge zwischen 2009 und 2013 über die geschichtlichen Hintergründe unserer Gemeinschaft berichtet haben.

(Die Texte stehen als PDF Downloads der Manuskripte zur Verfügung.)

Literaturempfehlung

Helmut Obst, Apostel und Propheten der Neuzeit, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 4. Auflage 2000, ISBN 3-525-55438-9

Johannes Albrecht Schröter, Die Katholisch-apostolischen Gemeinden in Deutschland und der Fall Geyer, Tectum Verlag, 3. Auflage 2004, ISBN 3-8288-8724-4